Sonntag, 14. April 2013

Der Energiebegriff des spirituellen Menschen

Heute war ich Teilnehmer einer Diskussion zwischen spirituellen und wissenschaftlich denkenden Menschen.  Diese Attribute haben sich die Teilnehmer selbst gegeben, sie stellen also keine Diffamierung der jeweils anderen Seite dar. Das Thema der Diskussion war: "Was ist Energie?". Die spirituelle Seite eröffnete mit einem Beispiel: Gegeben sei ein Raum, in dem sich mehrere Personen befinden und in dem eine schlechte Stimmung herrscht. Der geübte spirituelle Energiearbeiter kann die negative Energie in dem Raum aufnehmen, in positive Energie umwandeln und wieder in den Raum zurückgeben. So wird das in der Sprache der sich als spirituell empfindenden Menschen beschrieben. Der Durchschnitssmensch würde den Vorgang so beschreiben: Ich kam in einen Raum und da war so eine gedrückte Stimmung. Da ich mich selbst recht wohl in meiner Haut fühlte, gelang es mir, durch mein sowohl sebstbewusstes als auch heiteres Auftreten, die Stimmung deutlich zu verbessern. Ein wissenschaftlich geschulter Beobachter wird ohne den Begriff  "Energie" auskommen. Er wird die Situation etwa so beschreiben: Jemand betritt einen Raum und seine Sinnesorgane liefern seinem Gehirn Informationen, die sein Gehirn sowohl bewusst wie auch unbewusst aufbereitet mit dem Ergebnis, dass die Interaktion, also im Wesentlichen der Informationsaustausch zwischen den Anwesenden von diesen als nicht angenehm empfunden wird. Es gelingt ihm, die neue Information einzubringen, dass jemand hinzugekommen ist, der heiteren Gemütes ist und dadurch in den Anwesenden einen Prozess in Gang zu setzen, der deren Stimmung aufhellt. Energie kommt hierbei auch vor, aber in völlig banaler Weise, da ja sowohl die Übermittlung von Information als auch alles, was geschieht, nur unter Umsetzung (nicht Verbrauch) von Energie möglich ist.

Der spirituelle Energiebegriff ist viel zu undiffernziert, um damit arbeiten zu können. Viele Spirituelle sagen "Alles ist Energie" und verzichten auf eine präzise Durchdringung dessen, womit sie sich beschäftigen. Im ganzen Universum, so auch in der spirituellen Welt ist Energie das, was die Vorgänge in Gang hält. Das ist ebenso basal wie banal und somit erkenntnisarm. Spiritualität ist viel reichhaltiger und komplexer, als es sich mit einen diffusen Geschwurbel um das Wort "Energie" herum ausdrücken lässt. Und für das, was bei Spirituellen abgeht, hat die Naturwissenschaft sehr weitgehende und präzise Beschreibungen sowie auch Erklärungen gefunden, deren Erkenntispotential der Sprache der Spirituellen weit überlegen ist. Es besteht nach meiner Ansicht keine Notwendigkeit, ein diffuses spirituelles Begriffssystem aufzubauen, wenn Spiritualität sich mit naturwissenschaftlichen Begriffen besser beschreiben lässt.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Verstand und gesunder Menschenverstand



Lassen Sie sich von Ihrem gesunden Menschenverstand leiten? Ich auch. Aber es gibt einen Augenblick, an dem bei mir alle Alarmglocken schrillen: Wenn ich mich selbst sagen höre: „Das sagt einem doch der gesunde Menschenverstand.“ Was passiert da? Mein Verstand hat bemerkt, dass ich gerade dabei bin, womöglich in eine Denkfalle zu laufen. 

„Gesunder Menschenverstand“ ist der Begriff, der oft verwendet wird für eine gedachte Instanz, die uns im Alltag leitet. Wem wir vertrauen, wem wir misstrauen, welches Angebot wir annehmen oder ablehnen, welches Risiko wir auf uns nehmen, das wird meistens geregelt, ohne dass wir uns dessen bewusst werden. Obwohl dabei gelegentlich Fehlentscheidungen fallen, fahren wir doch im Allgemeinen gut damit, uns auf diese innere Instanz zu verlassen.

Gelegentlich kommt es aber zu strittigen Fragen, zu Konflikten , zu Diskussionen. Und dann meldet sich manchmal jemand zu Wort, äußert seine Ansicht und schließt seine Argumentation mit dem Verweis auf den gesunden Menschenverstand. Das geschieht in der Hoffnung, damit das Streitgespräch endgültig abzuschließen. 

Vorsicht! Hier beruft sich jemand kraft seines Verstandes auf etwas, was sich eine Ebene darunter abspielt. Ein rhetorischer Trick, dessen sich der Argumentierende vermutlich gar nicht bewusst ist, so häufig, wie er angewandt wird. 

In dem Augenblick, wo der gesunde Menschenverstand als Argument benutzt wird, liegt häufig ein Denkfehler vor. Der gesunde Menschenverstand, an das Licht gezerrt, produziert Behauptungen wie: A geschah direkt nach B, also ist B Ursache von A. Oder: Was schon so alt ist, kann gar nicht falsch sein. Oder: Es muss richtig sein, denn fast alle halten es für richtig. Solche Schlüsse sind unzulässig. Das weiß aber der gesunde Menschenverstand nicht. 

Der Verstand allerdings ist die übergeordnete Instanz, die den gesunden Menschenverstand zu kontrollieren vermag. Und das ist mein Appell: Benutzen Sie Ihren Verstand in jedem Augenblick, an dem Sie geneigt sind sich auf Ihren gesunden Menschenverstand zu berufen. Wenden Sie die Technik des kritischen Denkens an und decken Sie Ihre eigenen Denkfehler auf! Der Lohn für die Mühe ist Erkenntnis und Klarheit im Denken. Bei jeder weiteren Diskussion werden Sie besser argumentieren ohne zu rhetorischen Tricks greifen zu müssen.